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gleich ein Schmunzeln hervorruft. Das ramponierte Fernsehgerät Ihrer Intention nach könnte Teicher Yekutiel den Satz ‘If we could
mit seinem gleichsam vom Stein getroffenen Innenleben und einer forget we would be free‘ geäußert haben; es ist aber der Kubaner
‘Antenne‘ den Titel “Resurrection“ zu geben, zeigt die skeptisch-iro- Diango Hernández, der diesen Gedanken in einem seiner Aquarelle
nische Haltung des Fabulierers. Und nicht von ungefähr hängt sein bekundet. Wie unerfüllbar dieser Wunsch ist, beweist bereits die
im Grunde abstraktes Acrylbild “Not exactly Fire“ mit den gemalten Tatsache, dass Hernández auf seiner Flucht aus Kuba nach Europa
lodernden Flammen neben dem verbrannten Tuch von McMillian. seine Zeichnungen glücklicherweise im Gepäck hatte. Sie berichten
Bereits hier wird ersichtlich, dass Leben und Schicksal der Künst- ebenso wie alle zusammengetragenen und -gebastelten Möbel und
lerpersönlichkeiten selbst oder auch die Historie ganzer Ethnien in Alltagsrequisiten von seinen eigenen Erinnerungen und Erfahrun-
dieser Zusammenschau eine besondere Rolle spielen. Künstler*in- gen; dies auch insofern, als sie über die Verfasstheit der Welt in
nen zeichnen Lebenswege nach und erzählen von Ereignissen, Ost und West Auskunft geben können. Sehr differenziert wägt er
wenn sie geeignet sind, Unbekanntes ans Licht zu holen und für die unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Systeme
die soziale oder politische Gegenwart relevant sind. So legen die in ihrem Grad utopischer oder realisierter Gestalt gegeneinander
Tuschen und Collagen der in Rumänien geborenen, in Tel Aviv le- ab. Ein wenig vergleichbar den ‘Modellbauern‘ der 80er Jahre übt
benden und sehr geschätzten Rolanda Teicher Yekutiel Zeugnis ab er mit seinen einfallsreichen Denkmodellen Kritik an sozialistischen
vom Libanonkrieg und vom barbarischen Umgang mit ihren eige- wie kapitalistischen Verirrungen.
nen jüdischen Vorfahren. Die Künstlerin verunklärt und reduziert
die Todeslager zu menschenleeren Käfigen und zu eingezäunten Nachgestellt und selbst nachgeahmt hat der Neuseeländer Mi-
Feldern, die mitunter zu fast abstrakten Gitterstrukturen gerinnen; chael Stevenson in seiner umfangreichen Arbeit “Argonauts of the
dadurch geraten die schweflig-dunklen oder wie vermodert und Timor Sea“ von 2004 eine abenteuerliche Seereise von Ian Fair-
verrußt wirkenden Blätter zu Metaphern allgemeinen Leids und weather. Als mittelloser schottischer Künstler, der früh in Austra-
Versklavung. In das ohnehin grausame Foto vegetierender Gestal- lien Fuß gefasst hatte, war er in den 50er Jahren von hier aus auf
ten im Ghetto die Figur des Pinocchio hinein zu collagieren, offen- selbst gebautem Floß zu einer waghalsigen Tour nach Timor auf-
bart den gnadenlosen Zynismus der Mächtigen. gebrochen, doch strandete er durch widrige Umstände erschöpft
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