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dem Begleitheft ihrer Ausstellung 2018 im Museum Ludwig belegt,   Auch der belgische Künstler Wim Delvoye gehört in den Reigen. Er
                         dass Arbeiten der Sammlung längst in Ausstellungen großer Häuser   wertet ausrangierte Alltagsgeräte wie Sägeblätter (“Beatrice“) oder
                         integriert werden, schließlich hat Dohmen doch von Yang ebenso   Gaskannen (“Butagaz 50“) um und gibt ihnen eine neue Aussage,
                         wie von anderen Künstlern bedeutende Stücke erworben.          indem er sie mit traditionsreichem Delfter Blumen-Dekor versieht.
                                                                                        Die Kunstwerke sind mit ihrer blauweißen Patina von verführeri-
                         Vergleichbar weisen auch bei dem jungen Bulgaren Plamen Deja-  scher Schönheit und lassen dennoch das ursprüngliche Werkstück
                         noff aus persönlichem Erleben erwachsene Arbeiten weit in Berei-  erkennen.  Der Sinn  des  Objekts  ändert  sich,  es  verwandelt  sich
                         che allgemeiner Bedeutung hinaus. So plant er in Anlehnung an die   einzig durch das Verändern der Oberfläche. Auf diese Weise sind
                         systemkritische, tschechische Zeitschrift “Plamen“ (Flamme) immer   die  Grenzen zwischen  Design und Kunst,  High  und Low aufge-
                         noch eine Neuausgabe mit dem Foto seines verehrten Fußballstars   hoben. Eine diesen ausgestellten Arbeiten vergleichbare Wirkung
                         Trifon Ivanov als Titel. Plakatentwürfe zeugen bereits von seinem   erzielt  Delvoye, wenn  er Wurst-  und  Schinkenscheiben  zu orna-
                         Vorhaben.  Diesem  früh  verstorbenen  Revoluzzer  Ivanov  hätten   mentalen Tableaus ausbreitet (“Marble Floor“); damit führt er dem
                         sicherlich  die kurios  zusammengefügten Porzellanpokale  gut  ge-  Betrachter den rücksichtslosen Umgang mit Lebensmitteln vor Au-
                         fallen, die ihrer Nutzlosigkeit zum Trotz aus edlem China Bone in   gen. Mit beiden Werkgruppen übt Delvoye auf humorvolle Weise
                         Dresden gebrannt wurden. Dass Dohmen Arbeiten des Bulgaren     Kritik an dem leicht verführbaren, wenn nicht gar zu betrügenden
                         erworben  hat,  beweist,  wie  aufmerksam  er die  Entwicklung  der   Konsumenten.  Ähnlich  wie  Dejanoff  reibt  sich  auch  Delvoye  an
                         Kunst verfolgt und wie stark sein Augenmerk nach vorne gerich-  bestehenden Gegensätzen und er lockt seinerseits Provokationen
                         tet ist. Obendrein wird deutlich, dass er längst seine anfängliche   hervor.
                         Neigung, sich Stücke aus purer Begeisterung heraus spontan an-
                         zueignen,  zugunsten seines  Blickes auf den Zusammenhang  der   Weniger ‘durch die Blume‘ als Delvoye sondern ganz direkt und im
                         Sammlung hinter sich gelassen hat; aus Gesammelten wurde eine   wörtlichen Sinne plakativ tut Nora Turato ihre Ansichten kund; auf
                         Sammlung. Wie gut passen doch Dejanoffs Vorstellungen zu jenen   ihren Plakaten stehen nicht etwa vorgefasste Sätze sondern sol-
                         von Haegue Yang oder von Hernández.                            che, die sie selbst formuliert hat. Das Spektrum reicht von flapsigen








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