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Beyond the Box – Die Sammlung Dohmen



                            Ein sinnvolleres Entree in die vielgestaltige Ausstellung lässt sich   Die Ausstellung “Beyond the Box“ mit zentralen Werken der Privat-
                            kaum  denken:  der  zentrale  Raum  im  Erdgeschoss vom  historisti-  sammlung Dohmen aus Aachen ist ein Ereignis, das wahrlich aus
                            schen Bau des Leopold-Hoesch Museum empfängt den Besucher      der Reihe fällt. Zunächst ist hervorzuheben, dass hier mehrheitlich
                            unmittelbar  mit  einem  ausgreifenden  Environement  des  afrikani-  Arbeiten  von  Künstlern  außereuropäischer  Herkunft  versammelt
                            schen Künstlers Georges Adéagbo. Unzählige Gegenstände sind ei-  sind – daher der Titel der Ausstellung,  ins Deutsche  übertragen
                            nem Kirchenschiff ähnlich auf den Chorabschluss hin ausgebreitet,   etwa  ‘Jenseits  des  Gewohnten‘.  Die  insgesamt  17  Künstler  ent-
                            ringsherum am Boden und als Fries an den Wänden. Eine Art Ge-  stammen 13 Ländern. Zu den Teilnehmenden aus Japan, Israel, Ko-
                            betsteppich in der Bodenmitte ist wie auf einen Chorabschluss hin   rea, Kuba, Mexiko, Neuseeland, Serbien, Westafrika gesellen sich
                            ausgerichtet. Damit ist man gleich an die Thematik multikultureller   Kollegen aus den USA und vom europäischen Kontinent, etwa aus
                            Kommunikation herangeführt. Fundstücke vielerlei Materialien aus   Belgien, Bulgarien, Rumänien, Russland und Schweden. Spätestens
                            des Künstlers afrikanischer Heimat Benin halten Zwiesprache mit   seit der documenta 11, die der visionäre, inzwischen verstorbene
                            Zeugnissen  des europäischen Kulturraumes,  Belangloses  hat den   Afrikaner Okwui Enwesor 2002 ausgerichtet hatte, haben wir uns
                            gleichen Stellenwert wie Kostbares, Bücher in mehreren Sprachen   ja schrittweise daran gewöhnt, unseren Blick zu erweitern und die
                            liegen beieinander, historische Abhandlungen stoßen auf zeitnahe   ausschließlich europäische und nordamerikanische Perspektive als
                            Zeitungen, eine Schallplatte hängt neben einem Wandbehang und   Maßstab zu verlassen. Dass eine solch grundlegende Verschiebung
                            sogar ein Gruß an den Sammler in Gestalt des Schildes ‚Arztpraxis‘   hin zu einer interkulturellen, globalen Kunstwertung, die in großem
                            leuchtet von der Wand. Damit ist das Ensemble fern von buntem   Rahmen einer Weltausstellung möglich war, auch in kleinem, priva-
                            Allerlei, vielmehr als Mischung einzelner Momente und ganzer Er-  tem Kontext überzeugen kann, das ist der persönlichen Handschrift
                            zählstränge fein austariert im Hinblick auf den zeitlichen und ört-  des Sammlers zuzuschreiben. Ihm ist es gelungen, der Ausstellung
                            lichen Zusammenhang, und es lässt mit seinem Culture Clash be-  ein überzeugendes Gesamtbild zu geben, ohne dass das Heteroge-
                            reits Ideen der Gesamtinszenierung anklingen.                  ne der individuellen Positionen verloren geht. Denn hier reicht der







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