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meinen), die sich wohl seit den Versailler Verträgen von 1918 in
Ahnungslosigkeit über den eigenen Kolonialverbrechen hüllt und
nicht selten als gute Kolonialmacht stilisiert. Inverted Space nahm
diese Recherchearbeiten in Auszügen schließlich in einem vitrinen-
artigen Schaukasten auf, um sie darin wie in einer Zeitkapsel zu
kon-servieren und zu historisieren. Die Übersetzungsleistung war
ästhetischer Natur: Was zuvor noch den Charakter des Flüchtigen
und Vergänglichen trug, wurde dadurch in der Zeit eingefroren. 16
Adéagbo zog damit in gewisser Weise einen Schlussstrich unter sei-
ne voran gegangenen künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungen
und hielt das kritische Ergebnis kunsthistorisch fest. Auch zukünf-
tige Generationen werden so noch die aktuell beschämende deut-
sche Kolonialamnesie zwischen Seefahrtsnippes, Kolonialromantik
und dem Antlitz von Otto von Bismarck erspüren können.
Inverted Space wollte nach Abschluss der Ausstellung aber niemand
in Hamburg ankaufen. Beinahe wäre die Arbeit deswegen aus dem
öffentlichen Raum verschwunden. Wer diese konzeptuelle Installa-
tion zum Deutschen Kolonialismus heute sehen will, kann dies den-
noch jederzeit tun. Werner Dohmen zeigt sie bei sich im Vorgarten
am Preusweg 5 in Aachen, wo sie von der Straße aus leicht einseh-
bar ist. Er behauptet in keiner Weise, dass dies der ideale Ort für
derartig politische Kunst zum deutschen Kolonialismus sei. Bis sich Georges Adéagbo, Inverted Space, 2020; Courtesy: der Künstler und Sammlung
aber ein besserer findet, so sagt er, hält er den Raum. 17 Dohmen; Foto: Christoph Balzar
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