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von Kunst abgeglichen werden. Wenn heute internationale Gale-
rien nach innovativen Bildwerken suchen, dann gehen Sie dabei
meist von westlichen Ästhetikvorstellungen und eurozentrischen
Idealen aus, mit denen sie ihre Funde abgleichen. Neue Kunst aus
nicht-westlichen Kontexten soll dabei klassischen Vorstellungen
der westlichen Kunstgeschichte entweder nicht widersprechen
oder, wenn sie es tut, eine erweiternde Funktion erfüllen. Dieser
zumal Weiße Blick folgt konsequenterweise dem Modell eines zent-
ralisierten Netzwerks, das den Westen als globalen Mittelpunkt der
Kulturen auffasst und dabei sein imperiales Wesen nicht reflektiert
oder einfach ignoriert. Der Kanon der westlichen Kunstgeschichte
ist zwar nicht mehr dominant exklusiv, er ist aber auch noch nicht
wirklich inklusiv (dafür müsste er sich selbst verändern), sondern
meist nur integrativ. So lange die bekannte Weltordnung eurozen-
zentralisierte (A), dezentralisierte (B) und verteilte (C) Netze nach Paul Baran, 1964 trischer Kunst nur ergänzt, jedoch nicht wesentlich gestört und
Quelle: www.bkb.eyes2k.net/udk09/lessons.html, abgerufen am 12.1.2020.
verändert wird, werden nicht-westliche Positionen auch weiterhin
Zwar gibt es seit Jahrzehnten zahlreiche Bemühungen um eine kolonial geordnet.
Revision der Kunstgeschichte, die sich vom Eurozentrismus löst, Um dichotome Denkmuster wie „The West and the Rest“ zu über-
westliche Normen halten sich jedoch vehement, wie schon Hans winden, schlägt Christian Kravagna vor, „Austauschbeziehungen und
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Magnus Enzensberger mit Bitterkeit feststellte. Was vielfach an Wechselwirkungen zwischen Modernitäten und Modernismen in ver-
einer World Art oder Global Art kritisiert wird, ist die Tatsache, dass schiedenen Regionen der Welt unter Berücksichtigung ihrer kolonialen
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als „außereuropäisch“ markierte Kunstwerke trotz Anerkennung und postkolonialen Machtverhältnisse“ zu untersuchen. Dies erfor-
ihrer Individualität noch immer mit europäischen Vorstellungen dere zunächst eine Auflösung bestehender Kunstgeographien. Die
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