Page 5 - Katalog Sigrid Dessers Version 418.indd
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Berry oder Malern wie Konrad Witz eine räumliche Darstellung, In den spielerischen Drehbewegungen, im Eintauchen und Ab-
bzw. Wahrnehmung. Wasser hat nun eine variantenreiche Far- sinken entwickeln die Figuren eine eigentümliche Gestik. Ein
be, man sieht Reflexionen auf der Oberfläche, Bewegungen der junger Mann wirkt so recht ungelenk und wie eine Pathosformel,
Oberfläche selbst und durch das Wasser hindurch Fische und gewinnt gar etwas Sakrales in der Haltung. Diese ungewollte Po-
den Untergrund. Wasser ist nicht nur Oberfläche, sondern eine sitionierung ist von der Künstlerin durchaus gewollt aus einer
Haut über einer nicht erschließbaren Massivität, die vier Aspekte großen Menge von Vorlagen ausgewählt. In vielen Gesten oder
beinhaltet: Durchblick, Draufsicht, Spiegelungen, prismatische in gespreizten Haltungen wird der Raum durchmessen oder es
Brechungen. Die Seerosen Monets in seinen Gärten in Giverny gibt kokonhafte Verdichtungen der Körper in einer Dreh- oder
arbeiten mit dieser Parallelität des Sichtbaren. Schwimmbewegung. Genau sieht man diese Figuren aber nicht.
Man erahnt ihr Tun aus der eigenen Erfahrung und neigt zur
Sigrid von Lintig nun spielt mit einer nach 100 Jahren inzwi- Vervollständigung. Gemalt sieht man aber einen fragmentierten
schen ganz selbstverständlich gehandhabten Malerei der Abs- Leib, dessen Konturen aufgelöst sind, der gar nicht richtig und
traktion frei mit den Wechselwirkungen von Licht und Farbe auf perfekt aussieht. Nur die Suggestion der Fotovorlage erzeugt
der Oberfläche. Dieser Aspekt wird noch einmal betont durch Glaubwürdigkeit, aber je näher man herangeht, umso mehr wird
das Motiv des Eintauchens. Dieses Eindringen in ein anderes die Malerei sichtbar. Insbesondere der Untergrund des Umfel-
Medium ist von Widerstand und Zerteilungsstrukturen geprägt. des, der durch die „besoffenen Linien“, wie Sigrid von Lintig das
So wie Raumschiffe mit falschem Eintauchwinkel von der Erdat- selber nennt, eine im Rahmen der Glaubwürdigkeit gänzlich freie,
mosphäre abprallen können, zeigt sich auch beim Wasser eine zumindest eigenständige Kachelkalligraphie entstehen lässt. Die
unerwartete Festigkeit, die durch Formanpassung leichter und Wellenbewegung wird in einem Becken ja selten durch Strö-
schmerzfreier durchdrungen werden kann, je nach dem Wellen, mung bewirkt, sondern durch Brechungen in der Wechselwir-
Wirbel oder Bläschen erzeugt. Die Malerei spinnt mit informeller kung vieler Schwimmer, Springenden, dem Schwappen und dem
Freiheit die Vorgaben weiter, komponiert eigenständig improvi- Aufprallen auf den Rändern als Schwallwasser. Eine unruhige
sierend darüber hinaus. durch flache Wellen geprägte Oberfläche. Das führt dazu, dass
alles, was darunter ist, ständig unter dem Einfluss des Sonnen-
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